Rat der Mutter an ihren Sohn, König Lemuel (Sprüche 31, 4 – 8):
„Ergib dich nicht dem Trunk! Wein und Bier sind nichts für Könige! Wenn sie sich betrinken, vergessen sie, was ihnen aufgetragen ist, und sorgen nicht mehr dafür, dass die Armen zu ihrem Recht kommen. Bier und Wein sind gut für den, der am Ende ist; der mag sich betrinken und seinen Kummer vergessen. Deine Sache aber ist es, für Recht zu sorgen. Sprich für alle, die sich selbst nicht helfen können. Sprich für die Armen und Schwachen, nimm sie in Schutz und verhilf ihnen zu ihrem Recht!“
Liebe Leser,
was halten Sie von diesem Rat einer Mutter an ihren Sohn? Ich stamme zwar aus keinem Königshaus, aber erinnere mich gut an Ratschläge meiner Mutter. Ich gebe zu: nicht alle haben mir gefallen.
Andererseits: welche Ratschläge habe ich meinem Kind, meinen Enkeln gegeben? Was war mir wichtig für ihr Leben? Eltern und Großeltern wollen ja, dass die Kinder und Enkel einen guten Start ins Leben haben. Dass sie lernen, verantwortungsvoll zu leben. Ich denke, verantwortungsvolle Eltern erkennen die Gefahren von Alkohol und Drogen.
Natürlich muss ich Lemuels Mutter auch widersprechen: Bier und Wein (oder andere Drogen) sind keine Lösung für den, der am Ende ist. Der mit seinem Leben nicht mehr zurecht kommt. Sich betrinken mag damals, vor mehr als 2000 Jahren, die einzige Lösung gewesen sein. Es gab damals leider keine professionelle Eheberatung. Es gab keine Sozialversicherung. Es gab keine Rechtsanwälte und keine Sozialarbeiter. Da war die Flucht in den Rausch für viele die einzige Lösung.
Ich las neulich, dass in Deutschland während der Corona-Pandemie mehr Alkohol getrunken wird als vor der Pandemie. Die Frustration über den Lockdown wird vermehrt mit Alkohol bekämpft. Auch Stress im Beruf oder mit der Familie kann zu erhöhtem Alkoholkonsum führen. Finanzielle Sorgen, Einsamkeit und Depressionen sind weitere Ursachen.
Die Flucht in Alkohol oder Drogen ist keine Lösung der Probleme, das weiß jeder. Die Fluchtgefahr beginnt dort, wo ich eine Situation verändern möchte, aber nicht verändern kann. Das können enorme berufliche Belastungen sein, denen ich nicht ausweichen kann. Das können Schwierigkeiten in der Ehe oder Partnerschaft sein. Das können finanzielle Probleme sein.
In einem Aufsatz eines Theologen las ich folgenden sinngemäßen Satz: `Was sagen wir Christen, was sagen wir Kirchen und Theologen, das die Politik nicht sagen kann oder sagen will?´ Das hat mich nachdenklich gemacht. Nennen wir die Probleme beim Namen? Können wir von der Hoffnung reden, die wir als Christen haben?
Ist der Rat von Lemuels Mutter nicht auch heute noch wichtig? Unsere Sache ist es doch, für das Recht anderer einzutreten. Für die zu sprechen, die sich selbst nicht helfen können. Mit denen zu reden, die arm und schwach sind. Sie in Schutz nehmen und ihnen zu ihrem Recht verhelfen. Und vor allem, ihnen helfen, dass sie herauskommen aus ihrer Sucht. Dass wir mit ihnen nach Lösungen aus der Krise suchen.
Alleine wird das nicht gehen. Aber als christliche Gemeinde können wir Verantwortung in unserer Gesellschaft übernehmen. Was aber jeder Einzelne tun kann: einem an Alkoholsucht erkrankten Mitmenschen den Weg zu einer Beratungsstelle zeigen. Name, Adresse, Telefonnummer. Vielleicht sogar helfen bei der Kontaktaufnahme. Und Gott bitten, dass dieser kleine Schritt gesegnet wird und einem Menschen in Not geholfen werden kann.