Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern. Lukas-Evangelium 12, 48

 

Liebe Leser,

 

Jesus spricht von „viel“. Aber wie viel ist „viel“? Meine Enkel wussten genau, was viel Eiscreme ist. Wenn es um den Nachtisch ging, musste Opa mit dem Löffel tief in den Becher greifen und den Dessertteller füllen. „Opa, noch mehr!“ riefen die beiden immer wieder.

 

 Nun ist das Leben kein Eisbecher und Gott kein alter Opa, der uns leckeren Nachtisch serviert. Wenn Jesus von „viel“ und „mehr“ redet, dann stellt er die Frage nach der Verantwortung. Was hat mir Gott gegeben an Gaben und Fähigkeiten? Was hat Gott mir anvertraut? Ist das in meinen Augen viel oder wenig?

 

In Gedanken habe ich mir eine Liste gemacht und notiert, was mir gegeben wurde und was mir anvertraut ist. Da kam viel zusammen. Mir wurde es geschenkt, in einem freien Europa leben zu dürfen. Deutschland ist ein Sozialstaat. Das bedeutet für sehr viele Menschen sehr viel: gesetzliche Krankenversicherung und Rentenversicherung, Pflegeversicherung im Alter usw.

 

Was ist mir anvertraut? Viele Menschen sind mir anvertraut: meine Familie, meine Freunde. Christen in meiner Gemeinde. Viele Menschen vertrauen mir.

 

Gottes Wort ist mir anvertraut. Gott vertraut mir sein Wort an. Ich darf es predigen und an Sie weitergeben. Gott vertraut mir sein Wort an.

 

Natürlich gibt es auch viele Dinge, die ich nicht kann. Ich kann nicht Klavier spielen. Ich kein guter Handwerker. Ich kann nicht Skifahren. Ich bin eine sportliche Niete. Aber Gott fragt nicht, was ich nicht kann. Er fragt danach, was ich kann und was mir im Leben anvertraut wurde.

 

Jesus bringt mich zum Nachdenken. Ich will mich nicht nur fragen lassen, was mir Gott geschenkt hat an Gaben und Talenten, an materiellen Möglichkeiten. Ich will mich auch fragen lassen: was mache ich mit dem, was ich habe? Wie kann ich es einsetzen für Gott? Wie kann ich mit dem, was mir zur Verfügung steht, Gott ehren? Wie kann das, was ich habe, sogar zum Segen werden für andere Menschen?

Mir fiel das Gleichnis „Vom reichen Mann und armen Lazarus“ (Lukas-Evangelium 16, 19 – 31) ein. Jesus erzählt von einem reichen  Mann, der viel hatte. Er hatte ein Haus und teure Designer-Kleidung. Vor seiner Tür lag ein kranker Bettler. Nur Hunde hatte er als Freunde. Der arme Lazarus hätte liebend gerne die Essensreste gegessen, die der Reiche in den Müll warf. Aber der Reiche sah nur sich selbst und übersah die Not des Armen vor seiner Tür. Auf dem Weg zur Arbeit ging er jeden Morgen achtlos an ihm vorüber.

 

Wie sieht das bei mir aus? Wen hat Gott mir anvertraut? Was hat Gott mir anvertraut? Die Existenz von Mitarbeitern? Das Geld anderer Menschen? Die Gesundheit anderer Menschen? Übersehe ich jemand direkt „vor meiner Tür“?

 

Eine andere Frage ist mir auch wichtig geworden: Welche Ressourcen habe ich noch? Welche Gaben habe ich im Laufe meines Lebens ungenutzt liegen gelassen? Was stand mir zur Verfügung, aber ich habe es gar nicht beachtet? Mir schien es wertlos, aber es hätte für andere Menschen viel Wert gehabt.

Mein Gebet: Gott, du hast mich geschaffen mit vielen Gaben und Fähigkeiten. Dafür danke ich dir!  Manches ist im Lauf des Lebens verloren gegangen. Es erschien mir wertlos. Bitte vergib! Lass mich wieder den Reichtum entdecken, den du in mich hinein gelegt hast. Fordere mich immer wieder dazu auf, meine Gaben und Möglichkeiten zu nutzen. Und lass mich dankbar sein für die vielen Dinge, die ich haben darf.  Amen. 

 

Ich wünsche Ihnen ein mutiges Herz, das beginnt, die Gaben und Möglichkeiten Ihres Lebens neu zu entdecken. Ich wünsche Ihnen ein Staunen über Gottes Reichtum, den er in Sie hineingelegt hat. 

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